Gestern war ich an einem Kurs für Schreiberlinge, die am Anfang ihrer Schriftstellerkarriere stehen. Die Dozentin, eine bekannte Autorin aus dem Aargau, gab uns den Tipp, täglich zu schreiben. Egal wo, egal wann, egal wie. Aber mindestens 20 Minuten pro Tag. Jeder Mensch findet täglich 20 Minuten Zeit um zu schreiben, sagte sie. Kaum hatte sie diesen Satz ausgesprochen, begann ich mich innerlich bereits mit 20 Minuten weniger Schlaf abzufinden.
Also stellte ich mir vor dem Schlafengehen den Wecker auf 08.00 Uhr – obwohl Sonntag war. Als dieser klingelte war ich erst gerade gefühlte zwei Stunden im Bett und noch mitten in der Tiefschlafphase. Mühsam quälte ich mich aus meinem herrlich warmen Nest und machte mich startklar.
Startklar zum Schreiben. Immer im Bewusstsein, dass heute der grosse Tag sein könnte. Der Tag, an dem ich die besten Ideen meines Lebens zu Papier bringen und einen absoluten Bestseller schreiben würde.
Ich setzte mich also, bewaffnet mit Papier, Stift und einer Jumbotasse Kaffee, in meinen Lieblingssessel. Sonnenstrahlen schienen durch das Fenster neben dem Sessel und erwärmten meinen Körper. Ich genoss es, einfach nur dazusitzen, aus dem Fester zu schauen und der Stadt beim Aufwachen zu zusehen. Nach den ersten paar Schlucken aus meiner riesigen Kaffeetasse spürte ich, wie mein Körper und mein Geist langsam zum Leben erwachten.
Jetzt war ich startklar. Dachte ich zumindest. Ich drehte und wendete den Stift zwischen meinen Fingern hin und her. Das Blatt jedoch blieb leer. In der festen Überzeugung, dass sich mehrere hundert Wörter bereits aus meinem Gehirn auf den Weg in die Fingerspitzen gemacht und bloss den Weg dahin noch nicht gefunden hatten, blieb ich stur sitzen und wartete beharrlich.
Nichts tat sich. Meine rechte Hand ruhte gelangweilt auf dem Papier und hielt den Stift fest mit den Fingern umschlossen. Wenn sie hätte sprechen können, hätte sie mich vorwurfsvoll angesehen und gesagt: „Lass mich endlich in Ruhe. Ich bin völlig ahnungslos und weiss überhaupt nicht was ich hier tun soll.“ Ich aber quälte sie weiter. Ich liess den Stift sinken und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Papier herum.
Die Dozentin sagte, wir sollen jeden Tag schreiben. Egal was. Das Wichtigste sei, dass wir überhaupt etwas schreiben.
Also tat ich das. Ich schrieb um mein Leben. Ich schrieb über Ahnungslosigkeit. Über die verzweifelte Suche nach einzelnen Buchstaben, die sich aneinander reihen und zu Wörtern bilden wollten. Ich schrieb – über das „Nichtschreiben“.
PS: Danke, liebe Milena. Dein Rat wird mir bestimmt noch oft bei der Überwindung von Schreibblockaden weiterhelfen.
Inspirierend!
AntwortenLöschenDie 20 Minuten weniger Schlaf könnten dir ein paar Stunden mehr davon einbringen, wenn das Schreiben gegen das Wachliegen-und-Schreibideen-über-Zäune-springen-lassen hilft, anstatt zu durchschriebenen Nächten zu führen - uns aber auf jeden Fall schöne Texte :o)